• 19. Juli 2025

Typhus – eine wiederkehrende Gefahr?

ByMichael Klein

Juli 18, 2025
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Es ist nicht lange her, da war Typhus in Europa noch heimisch.

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Die Krankheit, die gemeinhin mit Fieber, Kopfschmerzen, Schwäche und Appetitlosigkeit beginnt, Symptome denen die charakteristischen Symptome, der sogenannte „Rosenflecken“-Ausschlag (roseola) auf dem Bauch und eine zunehmende Erschöpfung folgen, die ohne Behandlung in eine Darmperforationen und einen septischen Schock münden und mit einer hohen Sterblichkeitsrate von etwa 10–20 % verbunden ist, sie war fast alltäglich.

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Augenzeugen wie William Budd berichten von der letzten großen Typhus-Epidemie in London aus den Jahren 1837/38:

SEDO

„Die Fieberkrankheit wütet in den dicht besiedelten Vierteln der Stadt mit unverminderter Heftigkeit. In den engen Gassen von Whitechapel und Spitalfields sind die Häuser voller Kranker, und die Totengräber kommen mit der Arbeit kaum nach. Das Wasser, das aus den Brunnen geschöpft wird, ist oft trüb und stinkend, und doch bleibt es die einzige Quelle für viele Familien.“

Anlässlich dieser Epidemie wird es William Budd sehr deutlich, dass verunreinigtes Trinkwasser die Quelle ist, aus der Typhus stammt. Seine Entdeckung mündet in ein 1873 veröffentlichtes Buch, in dem er seine Erkenntniss über „Nature, Mode of Spreading, and Prevention“ von Typhus zusammenfasst, die offenkundigen Zusammenhänge zwischen verunreinigtem Trinkwasser und der mangelnden Hygiene, die zum verunreinigten Trinkwasser, zum mit Abwasser kontaminierten Trinkwasser führt, hat auch den Public Health Act des Jahres 1848 zur Folge, der Standards für die Aufbereitung von Trinkwasser und die Entsorgung von Abwasser festschreibt. Die Typhus-Epidemie des Jahres 1837/38 ist die letzte, die das Vereinigte Königreich heimsucht.

Salmonella Typhi; by MicrobewriterOwn work, CC BY-SA 4.0, Link

In Deutschland ist vor allem das Saarland ein Hotspot für Typhus. 1898 erkranken mehrere Hundert Soldaten des 8. Rheinischen Infantrieregiments an Typhus, von 40 wird deren Tod durch Typhus berichtet. Ursache ist ein Kartoffelsalat, den ein Koch zubereitet hat, nachdem er eine Latrine gereinigt hatte. Zwischen beiden Tätigkeiten sah er keine Notwendigkeit, sich die Hände zu waschen.

Das saarländische Lebach wird 1902/03 von einer Epidemie heimgesucht. Mehr als 50 Personen fallen dem Fieber zum Opfer. Tote gibt es keine, aber eine kaiserliche Untersuchungskommission wird eingesetzt, um Typhus ein für alle Mal aus Deutschland zu entfernen.

Die letzte Epidemie in Europa ereignet sich im Jahre 1963 im Schweizerischen Zermatt. Mangelhafte Trennung von Abwasser und Trinwasser ist die Ursache dafür, dass rund 400 Einheimische und Gäste des noblen Wintersportortes an Typhus erkranken. 3 Tote werden berichtet und der Export von Typhus durch Urlauber u.a. nach Großbritannien und Deutschland. Der Import von Typhus wird fortan die wesentliche Bezugsquelle für Typhus bleiben. 1987 wird der letzte Typhustote für Europa, abermals in der Schweiz berichtet.

Heute ist Typhus eine der Krankheiten, die im Bewusstsein westlicher Bürger kaum mehr vorkommt. Eine weitgehend gesicherte Hygiene sorgt dafür, dass das Bakterium Salmonella enterica serowar Typhi (S Typhi) sich nicht mehr verbreiten kann, keine Lücken mehr in die Bevölkerung schlagen kann. Erkrankungen an Typhus sind seit den 1940er Jahren eine Angelegenheit für Antibiotika, Quinolone, Fluoroquinolone, Azithromycin sorgen dafür, dass Salmonella Typhi in Schach gehalten wird.

Quelle: RKI: Epidemiologisches Bulletin 45/2024

In den Jahren 2024 und 2025 sind 79 und bislang 49 Fälle von Typhus in Deutschland hinzugekommen. Sie werden vornehmlich importiert und finden sich unter jüngeren Menschen (Medianalter: 27 im Jahre 2023), 17 (24%) im Jahr 2023 unter Kindern und Jugendlichen. Daten aus dem Epidemiologischen Bulletin 45/2024 zeigen, dass 83% der Typhusfälle von Reisen nach Deutschland mitgebracht werden, wobei Samonella Typhi am häufigsten aus Indien (28), Pakistan (20) Mexiko (7) und Bangladesch (5) mitgebracht werden. Die restlichen Fälle verteilen sich auf Mitbringsel aus Indonesien, El Salvador, Gambia, Guatemala, Irak, Syrien, Sierra Leone, die Philippinen und Peru. Die meisten der genannten Länder sind keine „typischen Urlaubsländer“, was die Frage aufwirft, wer es eigentlich ist, der Salmonella Typhi einen freien Shuttleservice bietet.

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Im Gegensatz zu Deutschland ist Typhus vor allem in Südostasien und Afrika ein Thema. Die Fälle, von Typhus-Fieber, die jährlich gezählt werden, summieren sich in der Regel auf 9 bis 11 Millionen. Indes die Sterblichkeit an Typhus ist in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen:

Und dass dem so ist, das liegt im Wesentlichen an Antibiotika, die zur Behandlung von Typhus-Fieber eingesetzt werden, denn mit unbehandeltem Typhus ist nach wie vor eine Sterberate von rund 20% verbunden. Die Tatsache, dass Antibiotika eine effiziente Verteidigungslinie gegen Typhus aufzubauen im Stande sind, ist bislang der Grund, dafür, Importe von Typhus zwar ernst zu nehmen, aber nicht mit allzugroßer Besorgnis zu registrieren.

Aber das könnte sich bald ändern.

da Silva et al. (2022) haben eine eher beunruhigende Studie vorgelegt, die zeigt, dass die Verteidigungslinie, die Antibiotika gegen Salmonella Typhi aufgebaut haben, weitgehend durchbrochen ist. Auf Basis von 3.489 Genomen des Bakteriums, die aus Isolaten von im Zeitraum von 2014-2019 bei an Typhus Erkrankten stammen, bestimmt wurden, können die Autoren eine zunehmende Verbreitung multiresistenter und gegen bestimmte Antibiotika resistenter Samonella Typhi Varianten zeigen. Vor allem Quinolone und Fluoroquinolone sehen sich immer häufiger mit Salmonella Typhi Varianten konfrontiert, die gegen sie resistent sind.

2016 wurde in Pakistan eine Variante von Salmonella Typhi gefunden, die gegen Cephalosporin der dritten Generation resistent sind. 2019 waren die entsprechenden Varianten von Salmonella Typhi bereits die vorherrschende Salmonella Typhi Variante in Pakistan. Die Verbreitung Antibiotika resistenter Bakterien vom Typ Salmonella Typhi vollzieht sich in einer erschreckenden Geschwindigkeit, was dazu geführt hat, das letztlich nur noch von Azithromycin eine effektive Gegenwehr gegen die derzeit virulenten Varianten erwartet werden kann.

Indes, auch diese Bastion ist unter Beschuss.

2013 wurde in Bangladesch eine Variante von Salmonella Typhi gefunden, die die sogenannte acrB-Mutation aufweist, eine Mutation, die Salmonella Typhi gegen Azithromycin resistent macht. Bislang ist es noch keiner dominanten Variante von Salmonella Typhi gelungen, acrB zu intergieren. Es scheint aber nur eine Frage der Zeit zu sein, bis eine entsprechende Variante in entweder Bangladesch oder Indien oder Pakistan gefunden wird.

„Concerningly, azithromycin-resistant S Typhi have recently been reported in Bangladesh, India, Pakistan, Nepal, and Singapore, arising from mutations in acrB. These mutations have arisen independently multiple times in distinct lineages.

To date, XDR S Typhi isolates containing mutations in acrB have not yet been identified. Such organisms would preclude effective treatment with established oral antimicrobials, which could lead to increased hospitalisation rates and potentially greater morbidity and mortality“ (da Silva et al. 2022).

Insofern stellt sich die Situation, vor der gerade westliche Staaten stehen, die bislang von Typhus und anderen in Asien oder Afrika endemischer Krankheiten verschont bleiben, etwas anders dar. da Silva haben auf Grundlage der 3.489 Genome von Salmonella Typhi, die sie selbst analysiert haben und auf Grundlage von 4.169 katalogisierten Varianten von Salmonella Typhi für den Zeitraum von 1905 bis 2018 den Weg rekonstruiert, den die entsprechenden Varianten global genommen haben und dabei festgestellt, dass interkontinentale Reisen für XRD-Varianten, also gegen ein Antibiotikum resistente Varianten von Salmonella Typhi eher die Regel als die Ausnahme sind. Sie fanden für den Zeitraum von 2014 bis 2019 59 interkontinentale und 138 internationale Reisende, die folgende Hauptstrecken zurückgelegt haben:

Salmonella Typhi sind in Zeiten globaler Migrations- und Touristenströme globale Wanderer, Mitbringsel aus dem Urlaub oder der Herkunftsgesellschaft, die – aufgrund der zunehmenden Resistenz gegen Antibiotika – zu einer echten Gefahr werden (können). Eine Gefahr, die auch durch die unweigerlich von der WHO und dem RKI empfohlene Impfung nicht wirklich in den Griff zu bekommen ist, denn keiner der drei derzeit verfügbaren Impfstoffe ist in der Lage, eine Infektion mit Salmonella Typhi zu verhindern, wenn die Bakterienladung ein bestimmtes Maß übersteigt.

Derzeit auf dem Markt sind

  • ein Typhus-Konjugatimpfstoff (TCV unter dem Handelsnamen Typbar TCV, hergestellt von Bharat Biotech, Indien), der ein Polysaccharid-Antigen auf einem Trägerprotein intravenös zur Abwehr von Salmonella Typhi bereitstellt. Geschätzte Wirkdauer: maximal 7 Jahre, maximale Effektivität: 50% bis 85%, je nach Studie;
  • ein VI-Polysaccharid-Impfstoff, der eine neutralisierte Form von Salmonella Typhi trägt und unter dem Handelsnamen ViPs von Sanofi-Pastauer, Frankreich, vertrieben wird. ViPs gewährt maximal 3 Jahre Schutz und weist eine Effektivität von 45% bis 75%, abermals von Studie zu Studie verschieden, auf;
  • eine Schluckimpfung (Ty25a), mit der ein abgeschwächtes, lebendes Bakterium „Salmonella Typhi“ verabreicht wird. Vivotiv, so der Handelsname, wird von PaxVax (früher Berma Biotec) in der Schweiz hergestellt. Die Effektivität liegt zwischen 40% und 77%. Die Schutzwirkung, je nach Exposition, zwischen einem und sieben Jahre.

Alle Impfstoffe kommen natürlich mit Nebenwirkungen, den üblichen Kopf- und Gliederschmerzen, ergänzt um Magen-Darm-Infektionen, Allergien und aktute fieberhafte Erkrankungen.

Einmal mehr scheint Impfung nicht die Lösung für ein Problem zu sein, das durch Massenmigration in Europa und in kurzer Zeit zu einem drängenden Problem zu werden droht. Wie groß das Problem werden könnte, wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Resistenz gegen Antibiotika mittlerweile die dritthäufigste Todesursache weltweit ist.


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Author: Michael Klein
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