Von Kai Rebmann
CDU und CSU haben sich beinahe hoffnungslos in der von Rot-Grün auferlegten „Brandmauer“ einzementiert. Die Folgen bekommt die Union in den aktuellen Koalitionsverhandlungen auf sehr schmerzhafte Weise zu spüren: als klarer Wahlsieger und Seniorpartner muss man sich weite Teile der künftigen Politik von der SPD ins Programm diktieren lassen. Vom zuvor lauthals propagierten Wechsel ist schon jetzt, ehe Friedrich Merz das Kanzleramt auch nur betreten hat, nichts mehr zu sehen.
Wie eine sachorientierte und auf das Wohl des Landes und seiner Bürger ausgerichtete Politik aussehen kann, zeigt aktuell der Kreistag im Jerichower Land (Sachsen-Anhalt). Dort bringen es AfD (11 von 42 Sitzen) und CDU (13 Sitze) auf eine Mehrheit, die sie jetzt – übrigens nicht zum ersten Mal – gemeinsam in die Waagschale geworfen haben.
Die AfD stellte in der jüngsten Sitzung des Kreistags den Antrag, dass ab sofort vor allen öffentlichen Einrichtungen, die über einen Flaggenmast verfügen, Schwarz-Rot-Gold wehen solle und stieß damit nicht nur auf die Zustimmung der CDU, sondern auch des SPD-Landrats Steffen Burchhardt. Damit gilt die Regelung unter anderem auch für die 15 weiterführenden Schulen, die im Jerichower Land unter der Trägerschaft des Landkreises stehen.
In der Begründung wurde insbesondere auf die Zerreißprobe verwiesen, vor der die hiesige, in einer tiefen Spaltung begriffenen Gesellschaft aufgrund der Herausforderungen der letzten Jahre stehe: „Ein Blick in die Geschichte zeigt jedoch, dass, gerade in Anbetracht großer Krisen, es immer wieder ein verbindendes Element gab, einen kleinsten gemeinsamen Nenner. Dieser kleinste gemeinsame Nenner war die Zugehörigkeit zur eigenen Nation, einer Schicksals- und Bekenntnisgemeinschaft, ruhend auf einem allgemein anerkannten Wertekanon.“
Für CDU darf es nur ‚ein bisschen Patriotismus‘ sein
Diese gemeinsamen Werte in einem nationalen Symbol zum Ausdruck zu bringen, sei es nun durch eine entsprechende Beflaggung, das Singen der Hymne oder auch beides, ist in vielen Ländern weltweit übrigens nichts Besonderes. Doch die Entscheidung und das damit neuerlich einhergehende Bröckeln der „Brandmauer“ in einem kleinen Kreistag in Sachsen-Anhalt geht weit über eine reine Symbolwirkung hinaus – wenn man die Hintergründe zum Abstimmungsverhalten beleuchtet.
Fragt man die CDU-Abgeordneten oder den SPD-Landrat, wie um alles in der Welt sie einem Antrag der bösen AfD nur zustimmen könnten, so werden diese sich wohl mit dem Argument verteidigen, es sei in diesem Fall nur um die Sache gegangen. Doch sollten die Bürger und Wähler in diesem Land nicht davon ausgehen dürfen, dass eben dies immer gilt, dass in deutschen Parlamenten, ganz gleich auf welcher Ebene, grundsätzlich immer Sachentscheidungen getroffen werden? Markus Kurze, der Vorsitzende der CDU-Fraktion, rechtfertigte seine Abstimmung so: „Ein bisschen Patriotismus kann nicht schaden.“
Welchen „Wert“ hat eine „Brandmauer“ also noch, die ganz offensichtlich nur der Wahrung politischer Narrative und der Ausgrenzung der AfD inklusive Millionen von Wählerstimmen dient? Darf dieses rot-grün-linke Instrument nur noch bei vermeintlich harmlos und unwichtig wirkenden Entscheidungen in den Standby-Modus versetzt werden? Und darf es in Deutschland wirklich nur „ein bisschen Patriotismus“ sein – oder gerne auch etwas mehr, wenn es der Sache dient? Dem Schutz vor Überfremdung etwa, oder vor ausufernder Kriminalität oder einer Überlastung der Kommunen bei der Aufnahme, Betreuung und Verpflegung von illegalen Migranten?
Die erheblich ins Stocken geratenen Koalitionsverhandlungen in Berlin sind nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass sich die Union selbst aus blindem Gehorsam einer politischen Minderheit gegenüber der einzigen bürgerlich-konservativen Alternative zur Regierungsbildung verschlossen hat. Das Beispiel im Jerichower Land zeigt einmal mehr, wie dünn das Eis inzwischen geworden ist, auf dem sich die Väter der „Brandmauer“ bewegen – und wie böse das Erwachen des links-grünen Komplexes werden könnte, sollte sich die Union eines Tages doch noch aus ihrem gemauerten Gefängnis auszubrechen trauen.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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