Eigentlich dachte ich, die Spitze des fehlenden Anstands und Größenwahns sei erreicht. Aber offenbar irrte ich mich. Und war sträflich naiv. Jetzt kommt nämlich ein neues Kapitel aus der Abteilung „Staat bezahlt Schein“: Das Bundesfinanzministerium sucht ein Foto-/Video-Team – für 620.000 Euro für den Zeitraum 2026/2027, mit Verlängerungsoption. Selbst der Begriff „Sparminister“ bekommt damit eine ganz eigentümliche Poesie. Die Ausschreibung ist europaweit, die Leistungen: „ganzjährig“, kurzfristig verfügbar, bundesweit – und „in Ausnahmefällen weltweit“. In manchen Berichten ist von 175 bis 225 Einsätzen pro Jahr die Rede – faktisch also fast tägliche Dauer-PR.
Geplant ist laut „Bild“ ein Rahmenvertrag, der bereits ab Januar 2025 gelten soll und mindestens bis Ende 2027 läuft – mit Option auf zwei Verlängerungen um jeweils zwölf Monate. Gefordert wird ein Team aus Profis („hohes Maß an Professionalität“) mit mindestens vier Jahren Erfahrung, das bundesweit – und in Ausnahmefällen weltweit einsatzbereit sein muss. Zum Auftrag gehören auch Visagisten für Make-up, Styling, Haarpflege und Garderobenanpassungen – Zusatzkosten inklusive. Das Haus rechtfertigt die Ausgaben mit dem „Informationsauftrag der Bundesregierung“.
Wer den Namen auf dem Türschild sucht: Ja, es ist das Haus von Lars Klingbeil – seit Mai 2025 Vizekanzler und Finanzminister im Kabinett Merz. Der Sozialdemokrat, der andere zum Gürtel-enger-Schnallen anhält, bestellt für sein Ressort professionelle Bildproduktion auf Abruf. Politik als Studio. Regierung als Bühnenbetrieb.
Laut einer Regierungsantwort, über die „Bild“ berichtete, gaben die Ministerien allein in den ersten drei Monaten 2025, also in der damals schon gescheiterten „Ampel“, noch knapp 50.000 Euro fürs Schminken aus – Baerbock vorne mit 20.849 Euro, Scholz mit 13.015. Die „Rest-Ampel“ verschönerte sich bis zum Schluss.
Dass das kein Ausrutscher ist, zeigt die Vorgeschichte – und die ist lang. Robert Habeck ließ schon 2022 einen „Leibfotografen“ per Rahmenvertrag suchen – vier Jahre, rund 400.000 Euro. Annalena Baerbock beschäftigt(e) eine Stylistin für 7.500 Euro monatlich; in der Summe berichteten Medien über sechsstellige Jahresbeträge. Und Friedrich Merz? Der Kanzler kommt in drei Monaten auf 12.501,30 Euro für Styling – Friseure, Visagisten, Kosmetiker. Es ist ein System, keine Ausnahme.
Wer hat das groß gemacht? Ich habe auf meiner Seite seit Jahren dokumentiert, wie sich dieser Hofstaat etabliert – bis hin zur absurden Sanktionierung von Spott im Parlament über Friseur-Rechnungen aus der Staatskasse. Dieser Geist – die Vorstellung, „Bildpflege“ sei Amtspflicht und selbst für die Frisur der „Nomenklatur“ müsse noch der Staat aufkommen – wurde unter Angela Merkel zur Norm erhoben, eine „alte DDR-Tradition“, die mit ihrer Hilfe in die Bundesrepublik importiert wurde. Man kann nun entgegnen, dass ich damit ihren Einfluss überbewerten würde. Aber unstrittig ist: Unter Merkel wurde Bildkommunikation zur Chefsache – minutiös kontrolliert, mit Videopodcasts und ikonischen Inszenierungen. Das ist der Nährboden, auf dem die heutige Schamlosigkeit gedeiht.
Denn das eigentliche Problem ist nicht (nur) die Summe. Es ist der Gedanke dahinter: Erst baust du den PR-Apparat auf, dann erklärst du ihn zur demokratischen Pflicht – Transparenz! Bürgernähe! – und am Ende ist jeder Zweifel Majestätsbeleidigung. Dass große Medien die Klingbeil-Ausschreibung überwiegend als technische Beschaffung behandeln und/oder sie gar nicht oder kaum kritisierten, ist ein Skandal im Skandal. Berichtet wird – ja. Skandalisiert wird – selten. Die Empörung übernehmen Leserkommentare. Der Betrieb macht weiter.
Die Ausschreibung, nüchtern
Was hier so technokratisch klingt, ist nichts anderes als ein Kulturzeugnis: ein Staat, der seine Selbstdarstellung professionalisiert, weil er seine Überzeugungskraft verloren hat. 620.000 Euro, damit Klingbeil überall gut aussieht – in einem Land, in dem Polizisten Überstunden ohne Ende schieben und überall Lehrer fehlen.
Der Punkt ist größer: All diese Fälle – von Habeck bis Merz – sind keine Ausreißer, sondern Ausdruck eines Systems. Aus PR wurde Politik, aus Politik Selbstdarstellung.
Und der Reflex ist immer derselbe: Wer Kritik an dieser Entwicklung übt, hat „kein Verständnis für moderne Öffentlichkeitsarbeit“. Als ginge es darum, ob das Licht stimmt – und nicht darum, dass der ganze Apparat moralisch längst massiv unterbelichtet ist.
Was Merkel einst aus der DDR einführte in die Bundesrepublik, perfektionieren ihre Nachfolger nur weiter – mit noch mehr Technik, noch weniger Scham und noch größerer Selbstverständlichkeit.
Jetzt erleben wir die industrielle Phase dieser Ästhetik: PR als Staatsaufgabe. Ministerien funktionieren wie Agenturen, Bürger wie Zielgruppen. Das Kabinett Merz-Klingbeil regiert mit Scheinwerferlicht, nicht mit Substanz. Und der Journalismus? Er steht daneben, hält das Stativ und nennt es „kritische Begleitung“.
Auch früher waren Politiker eitel und erschienen gern im guten Licht – aber sie zahlten ihre Friseure selbst. Und sie hätten sich geschämt, auch nur zu denken, der Steuerzahler müsse für die Frisur oder für vorteilhafte Bilder aufkommen. Heute läuft das Politiker-Haar unter „Öffentlichkeitsarbeit“. Und Hoffotografen firmieren als „Informationspolitik“. Früher war Eitelkeit menschlich. Heute ist sie haushaltsfähig. Und wer sich darüber wundert, gilt als altmodisch. Oder gar „demokratiezersetzend“ und „delegitimierend“.
Was für eine dreiste Verfehlung von Ursache und Reaktion!
Wir leben in einer Republik der perfekten Bilder – und des verwaschenen Gewissens. Die Spitze des Größenwahns? Ja. Aber leider auch der neue Normalzustand.
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